Vermittlung und Jobcoaching beanspruchen

von ANMIC

3. April 2023

Treffen mit dem Arbeitslandesrat

Zivilinvalide und arbeitslos: Hunderte Südtiroler befinden sich aktuell in dieser prekären Situation. Doch obwohl Südtirol derzeit einen hohen Arbeitskräftemangel verzeichnet, ist die Arbeitseingliederung mit diversen Hürden verbunden. Aus diesem Grund traf sich die Vereinigung der Zivilinvaliden (ANMIC Südtirol) mit Landesrat Philipp Achammer: Gemeinsam wurden bestehende Problematiken analysiert und Lösungen besprochen, damit Zivilinvaliden erfolgreich ins Arbeitsleben zurückkehren können.

Insgesamt sind 3.094 Südtiroler Zivilinvaliden in privaten und öffentlichen Betrieben angestellt. Allerdings sind viele weitere noch auf der Suche nach einer Beschäftigung. „In Südtirol sind wir derzeit mit folgender Problematik konfrontiert: Zum einen klagen Unternehmen über die Schwierigkeit, Personal zu finden. Gleichzeitig sind aber 438 Zivilinvaliden auf Arbeitssuche“, berichtet Thomas Aichner, Präsident der ANMIC Südtirol. „Zivilinvaliden sind Menschen mit einer angeborenen oder erworbenen Krankheit oder Behinderung. Leider hält sich das falsche Vorurteil hartnäckig, Zivilinvaliden seien eine Belastung für den Arbeitgeber. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn sie richtig eingesetzt und ihnen passende Aufgabenbereiche zuerteilt werden, ergeben sich viele wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen.“

Das Entscheidende ist, einen Arbeitsplatz zu finden, der mit dem Krankheitsbild kompatibel ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass jemand mit chronischen Rückenschmerzen eine rückenschonende Tätigkeit ausübt, oder dass jemand mit Geräusch-Überempfindlichkeit in einem ruhigen Umfeld arbeitet. Bei der Arbeitssuche erhalten Zivilinvaliden Unterstützung von den Südtiroler Arbeitsvermittlungszentren. Aber obwohl diese auf Hochtouren arbeiten und ihr Bestmögliches für die Arbeitseingliederung tun, fehlt es auch hier an Fachpersonal: Auf 438 arbeitslose Zivilinvaliden sowie zahlreiche weitere Arbeitslose aus anderen Vermittlungsprogrammen, stehen nur wenige Vollzeitstellen zur Verfügung. Im Moment sind 4,25 Vollzeitäquivalente tätig.

Arbeitssuchende Zivilinvaliden können um die sogenannte gezielte Arbeitsvermittlung laut Gesetz 68/99 ansuchen. Hierbei stellt eine Ärztekommission fest, welche Aufgaben der Zivilinvalide beim Wiedereintritt in die Arbeitswelt durchführen darf und welche nicht. Dies führt oft zu einer doppelten Herausforderung: Zum einen muss bei der Vermittlung von Zivilinvaliden das Kompetenzniveau des Bewerbers stimmen, gleichzeitig aber muss auch der Arbeitgeber über die Zivilinvalidität in Kenntnis gesetzt werden. Eine Aufgabe, die sowohl für den Arbeitssuchenden als auch für den Betrieb Unterstützung und Begleitung erfordert.

Was nur wenige wissen: Sollte es zu Problemen am Arbeitsplatz kommen, so kann die sogenannte Jobcoach in Anspruch genommen werden. „In manchen Fällen kann es nämlich vorkommen, dass der Arbeitsplatz oder bestimmte Aufgabenbereiche an die Möglichkeiten des Zivilinvaliden angepasst werden müssen“, erklärt Thomas Aichner. „In diesen Fällen ist es grundlegend, einen Ansprechpartner auch nach der Vermittlung zu gewährleisten – nicht nur für den Zivilinvaliden selbst, sondern auch für das Unternehmen. Doch da nur die wenigsten diese Möglichkeit kennen, bleibt sie sowohl von Zivilinvaliden als auch von den Unternehmen ungenutzt. Dies kann dazu führen, dass sich beide Parteien allein gelassen fühlen und das Arbeitsverhältnis im schlimmsten Fall nicht fortbesteht“.

Um die Wichtigkeit dieses Begleitdienstes zu unterstreichen und angesichts der mangelnden personellen Fachkräfte, traf sich die ANMIC Südtirol kürzlich mit Arbeitslandesrat Philipp Achammer. „Während des Treffens war es unser Anliegen, auf die Vorteile der Beschäftigung von Zivilinvaliden hinzuweisen. Die Forschung zeigt nämlich, dass Arbeitnehmer mit einer chronischen Krankheit oder Behinderung häufig loyaler sind. Sie sind pünktlicher, zufriedener und fehlen überraschenderweise weniger häufig krankheitsbedingt als gesunde Mitarbeiter. Unternehmen müssen also keine Zivilinvaliden als gute Tat einstellen. Im Gegenteil: Sie können wirtschaftlich denken und profitieren dann etwa davon, dass Zivilinvaliden länger im Betrieb bleiben und nicht nach kurzer Zeit schon wieder wechseln“, erklärt Thomas Aichner.

Gleichzeitig wurde die Wichtigkeit der Vermittlung und der Arbeitsplatzbegleitung unterstrichen, welche eine nachhaltige Arbeitseingliederung von Zivilinvaliden und die Stärkung der lokalen Wirtschaft zur Folge hat. Jobcoaching sollte dann beansprucht werden, wenn während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Bedarf besteht. Hierzu kann das zuständige Arbeitsvermittlungszentrum kontaktiert werden, welches den Fall annimmt und einer Lösung zuführt. Ist jedoch eine regelmäßige Begleitung am Arbeitsplatz erforderlich, so ist dies Aufgabe der Bezirksgemeinschaften und der sogenannten Jobcoaches, welche die Arbeitsplatzbegleitung durchführen.

Landesrat Philipp Achammer teilt die wichtige Rolle der Arbeitsvermittlungszentren und Jobcoaches: „Angesichts der Arbeitseingliederung von Zivilinvalidinnen und Zivilinvaliden werden wir uns um eine Aufstockung professioneller Ressourcen bemühen. Es sind bereits weitere Fachkräfte für die Arbeitsintegration vorgesehen, die Südtirols Zivilinvaliden auf ihren Weg zurück ins Arbeitsleben unterstützen sollen. Außerdem ist ein erhöhter Informationsaustausch für Zivilinvalidinnen und Zivilinvaliden einerseits und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber andererseits erforderlich, damit diese Dienste auch beansprucht werden und dazu beitragen, das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten.“ Auf diese Weise, so sind sich die Vertreter der Interessensvertretung ANMIC Südtirol und der Landesrat einig, werden hoffentlich bald mehr Südtiroler Zivilinvaliden eine geeignete Beschäftigung finden und ihren Beitrag zum Erfolg der heimischen Wirtschaft leisten können.

 

Bild: (von links nach rechts) Lore Cvilak, Thomas Aichner, Philipp Achammer, Verena Bonatta | © ANMIC Südtirol

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